Donnerstag, 22. November 2007

Bei schlechtem Wetter...(part I)

...kann man hier in Tallinn eine Menge tun, um das einfach zu ignorieren. Denn: in Estland beschwert man sich nicht über das schlechte Wetter, sondern nimmt es einfach so hin und fröhnt kreativen Alternativen.

Dazu muss ich sagen, dass immer wieder lohnenswerte Alternativen die super-schönen Cafés in Tallinn bieten. Auch wenn es sich um kleinere Ketten (wie das KehrWieder oder das Reval Cafe handelt), ist jedes einzelne liebevoll und gemütlich eingerichtet. Eine kleine subjektive Liste von den schönsten, in denen ich so meine Zeit verbringe, gibts allerdings erst später.

Aber jetzt erstmal zu meinem ersten Vorschlag bei schlechtem Wetter:



Das Eesti Kunstimuuseum, welches eigentlich jeder auch unter KuMu kennt, befindet sich in Kadriorg.
Für die Errichtung des Gebäudes gab es 1993 - 94 einen Architektur-Wettbewerb, an dem Architekten aus Estland, Finnland, Dänemark, Italien, Kanada, Norwegen, Schweden, Australien, Deutschland und den USA teilnahmen. Schließlich gewann der finnische Architekt Pekka Vapaavuori. Da mit den Bauarbeiten erst im Jahr 2002 begonnen werden konnte, wurde das Museum für Besucher erst im Februar 2006 zugänglich.
Das Museum selbst als Gebäude ist schon sehr beeindruckend. Man hat das Gefühl, dass Raum und Zeit nach anderen Maßstäben funktionieren. Das Gebäude an sich ist sehr weiträumig und hell konzipiert ohne dabei Platz zu verschwenden. Und nach drei Stunden Museum wundert man sich, wo die Zeit geblieben ist. Also auf jeden Fall auch für Museums-Muffel ein Versuch wert.
Auf vier Ebenen gibt es ständige Ausstellungen, wie die der estnischen Kunst vom 18. Jahrhundert bis zum zweiten Weltkrieg und zeitgenössische Kunst aus Estland. Letztere fand ich auf Grund des starken politischen Einflusses besonders interessant. Außerdem gibt es wechselnde Ausstellungen, wie zum Beispiel eine litauische Dissidenten-Ausstellung (leider konnte ich davon nichts verstehen, weil alles in litauisch war, aber ich habe beim Durchgehen Wolf Biermann entdeckt) und eine Ausstellung polnischer Künstler.



Wie gestaltet man Beton künstlerisch? Man macht ihn fahrbar...



Kleine, verpielte, künstlerische Feinheiten auf der Rückseite des KuMu.

Das gesamte Gebäude ist als eine Art Bogen mitten in eine Erhebung gebaut ist und daher schwer ohne die Vogelperspektive auf ein Bild zu bekommen. Vielleicht lässt sich das ja durch das erste Bild erahnen.
Durch die schräg abfallende, hintere Innenseite dieses Bogens ergibt sich auf jeden Fall eine wahnsinnig interessante Akustik. Daher wurde vor einigen Wochen dort die "audiogalerii" veranstaltet, bei der einige Künstler (fi, us, ee, lv) ihr Können bei viel heißem Ingwer-Tee in Tönen hör- und als Projektion sichtbar machten. Zum Teil geheimnisvoll, aber auch gruselig, empfand ich das, weil man schwer einschätzen konnten, von wo die Geräusche kamen. Ich fand es insgesamt aber sehr spannend und das KuMu ist auf jeden Fall auch ohne "audiogalerii" ein Tipp von mir!


Montag, 12. November 2007

Trilaterale Experimente



Drei Tage, drei Reisende aus drei verschiedenen deutsprachigen Ländern (s. Pässe) und mein drittes "Erstes Mal" in einer Hauptstadt des Baltikums.
Was würde passieren, wenn Österreich, die Schweiz und Deutschland ein eigenes Bündnis eingehen würden? Erich (ch) - übrigens mein Nachbar in der Kaupmehe, Teresa (at) und ich haben das mal auf neutralem Boden in Vilnius angetestet und ich kann vermelden: die Mission war erfolgreich und ist unbedingt weiterzuempfehlen (extrem hoher Unterhaltungsfaktor).



Weil der Buss 9h gedauert hätte, haben wir uns diesmal für das Flugzeug entschieden. Das dauert nur knapp 1h 20m und ist bei früher Buchung günstiger als 50 EUR.
Die Flugzeuge der AirBaltic und der wunderschönen, pinken litauischen Fluggesellschaft FlyLaL sind allerdings kleine Propeller-Maschinen. Also nicht erschrecken! Aber Service, Stewardessen und Stewards gibts trotzdem.





Zwei Reliqiuen aus der Sowjet-Zeit. Auf der "Grünen Brücke" blicken neben diesen beiden Soldaten ein Bauernehepaar und zwei Arbeiter aufrecht in Richtung Stadtzentrum.



"Well, it´s an art´s place...", erklärte mir Vilja, eine litauische Studentin, die uns an unserem ersten Tag durch das Nachtleben von Vilnius geführt hat. Neben den Tipps für gutes Essen, nette Bars und Kneipen hat sie uns leibhaftig bestätigt, dass die Fahrradwege in Vilnius auf die zunehmende Velo-Community zurückzuführen ist. Wir konnten das eigentlich nicht so ganz glauben, weil die Fahrradwege eher wirkten, als wären zwei weiße Streifen zufällig in einem Abstand von 50 cm nebeneinander gelandet. So nach dem Motto: "Ok, wir müssen wenigstens so tun, als ob wir Fahrradwege einrichten...dann malen wir mal irgendwo auf den Straßen weiße Streifen." Ergebnis: Manchmal führten diese "Wege" geradewegs auf einen Baum zu. Das ist wohl auch der Grund, warum niemand diese benutzt!



art´s place @night: Diese Lichtinstallation ist eine der vielen Attraktionen, die an diesem Wochenende im Rahmen des "Lux- International Festival of Light" in der Stadt zu finden waren.



Wirklich imposant war die Ausstellung "Light in Light (Di Luce in luce)" eines italienischen Professors, welche das Phänomen Licht in seinen verschieden Facetten rekonstruierte: Welche Farbe hat die Luft und welche der Schatten? Und wie wurden diese Erkenntnisse in der Kunst verarbeitet? Eine unterhaltsame, lehrreiche und wirklich beeindruckende Führung mit dem Initiator höchst persönlich ließ uns von da an die Realität anders wahrnehmen...







Was hier allerdings so harmonisch aussieht, ist das Ergebnis eines langwierigen, schlafraubenden, interkulturellen Austauschs, denn: die kommunikativen Barrieren unserer Reise sollten nicht unterschätzt werden..."hää?", "was mocht er denn jetzt?", "bitte???" waren wohl die am häufigsten gebrauchten Vokabeln (bzw. Laute) an diesen drei Tagen. Und trotzdem war es ein wirklich lustiger Ausflug in den Süden :) und: wir reden(!) immernoch miteinander!

Bildquellen: Teresa, Judith, www.culturelive.lt/en/lux

Sonntag, 4. November 2007

Suomi



Da ich die letzte Woche keinen Unterricht hatte (Ende Oktober gibt es für alle Studenten die sogenannte "autonome Lernwoche"), habe ich mich mit meiner Mutter, die aus Deutschland zu Besuch war, aufgemacht nach Helsinki.

Sami, ein finnischer Student aus Turku, der in Tallinn an der Baltic Film and Media School studiert, hat mich auf die Idee gebracht für ein paar Tage auf der anderen Seite der Ostsee zu verbringen. Zwei Tage Helsinki und ein Tag in Turku, heute Universitätsstadt und zwischen dem 13. und dem 19. Jahrhundert die wichtigste Stadt Finnlands.



Das ist der Blick aus unserem Hotelzimmer in Helsinki!






Ein Teil der Uspenski-Kathedrale. Sie ist die Kathedrale der finnisch-orthodoxen Diözese und ist die größte im westlichen Europa.



Das ist der Dom von Helsinki, den man gleich vom Hafen aus sehen kann.






Die Fahrt mit der Fähre dauert - je nach Fähre - 1/ 1/2 - 3h und kostet - ebenso abhängig von der Fähre ca. 16 - 37 EUR. Die kleineren (z.B. die Nordic Jet Line) sind schnell, aber besonders bei schlechtem Wetter nur für sehr standhafte Menschen geeignet. Und da die Ostsee im Winter immer rauer wird, werden deren Überfahrten auch ganz eingestellt. Dafür kann man jederzeit mit den größeren Fähren (z.B. Viking Line) fahren. Die brauchen zwar länger, aber für Unterhaltung und reichlich Verpflegung ist gesorgt. Wobei mir diese Art der Überfahrt etwas spanisch vorkam, denn das Boot hatte mehr etwas von einem Spielcasino, also von einer Fähre. Leider konnten wir auf der Rückfahrt diesen Luxus auch nicht wirklich genießen, da es so stürmisch war, dass es sogar auf dieser großen Fähre ungemütlich war. Trotz der klassischen Taktik (Arme und Kopf auf einen Tisch legen - hilft wirklich und es gab einige, die dasselbe taten) hats mich dann doch erwischt und ich war noch zwei Tage später seekrank.
Aber das sollte niemanden abhalten, denn: man wird - wie man auf den Fotos sehen kann - wirklich belohnt.

Freitag, 2. November 2007

So siehts aus....

...wenn wir uns mit den Studenten zusammensetzen... . Bei einem unserer ersten Treffen waren wir (Teresa und ich) sehr erfreut, wieviele Studenten unser Angebot wahrgenommen haben. Vor allem, weil wir wussten, dass das Studieren - besonders im ersten Semester - sehr zeitintensiv ist. Außerdem müssen viele neben dem Studium arbeiten, um sich ihren Lebensunterhalt zu finanzieren.

Zur Info: In der Germanistik gibt es pro Studienjahr 12 Studenten, die mit einem Stipendium vom estnischen Staat die gesamten Geühren abdecken können. Dafür müssen sie einen Aufnahmetest mit einer bestimmten Punktzahl bestehen. Die anderen Studenten müssen rund 25.000 EEK (ca. 1.600 EU) im Jahr bezahlen. Daher leben viele auch noch bei ihren Eltern.




Wie man schon auf dem Foto erkennen kann, war der Tisch reichlich gedeckt: Für die deutschsprachige Vertretung sorgten Haribo und Milka und auf estnischer Seite wurde mit dem Süßigkeiten-Klassiker, der Kalev-Schokolade aufgefahren. Allerdings gab es auch selbstgebackene Köstlichkeiten, denn eine Studentin hatte am Nachmittag extra einen super leckeren Schoko-Kuchen gebacken. Und so saßen wir an diesem Abend erst einmal vor einer Menge Leickereien und erzählten über uns und unser Leben. Viele berichteten, dass sie bereits als Übersetzer arbeiteten oder im Telefondienst für deutsche Firmen. Weiterhin war interessant, dass Piret (eine Studentin aus dem ersten Semester) erwähnte, dass sie Deutsch hauptsächlich durch das Fernsehen gelernt hat. Und auch mein Quasi-Nachbar Krisjanis aus Lettland, der allerdings nicht Germanistik studiert, hat mir genau dasselbe von sich erzählt. (Er ist übrigens großer Fan von "Stromberg" und Helge Schneider!)
Das ist für mich schon sehr beeindruckend. Generell ist das estnische Fernsehprogramm eher mulitlingual ist. Man empfängt neben estnischen und deutschen Programmen (etwas einseitig reräsentiert mit Pro7, RTL2 und Super RTL) auch russische und sogar einen georgischen Sender. Außerdem werden die meistens aus den USA importierten Serien nur mit estnischen Untertiteln gesendet. Übrigens habe ich mir so auch ein paar Worte auf estnisch beigebracht. Also eine alternative Lernmethode, die scheinbar funktioniert.



Nach zwei Abenden mit einem Spiel über Deutschland und Österreich, in welchem die estnischen Studenten in Landeskunde glänzten, und einem österreichischen, sozialkritischen Film über das Bauern-Milieu in den 20ern, sah unser folgendes Programm ein "Strategiespiel" vor: Wer schafft es, ein Fluggefährt für eine rohes Ei zu bauen, ohne dass es beim Flug zum zerbricht und dazu noch extravagant aussieht? Wie man sich denken kann, waren die Materialen begrenzt: lediglich 2 Bögen Papier, 5 Strohalme und ein kurzes Geschenkband stellte die Österreichische Raumfahrtgesellschaft zur Verfügung. Jaja, die Gelder sind halt überall knapp! Auf dem Foto kann man sehen wie Hobby-Konstrukteurinnen Teresa und Piret voller Konzentration an ihren Raumschiffen werkeln. Leider umsonst. Denn mein Raumschiff und mein Astronauten-Ei haben als einzige die Reise zum Mars heil überstanden...
Hatte ich erwähnt, dass ich in meiner Kindheit einmal kurz mit dem Gedanken gespielt hatte, Ingeneurin für Luft- und Raumfahr zu werden =)